Fertigung und Weiterleitung sexueller (heimlicher) Bildaufnahmen, § 201 a StGB

Relevanz in der Praxis des Sexualstrafrechts hat in den letzten Jahren § 201 a StGB erlangt. Geschütztes Rechtsgut ist der höchstpersönliche Lebensbereich, sodass die Fertigung oder Weiterleitung von nichtautorisierten Bildaufnahmen unter Strafe gestellt wird. Nicht nur die Erstellung, sondern auch die Weiterleitung via E-Mail, Messenger oder Whatsapp kann den Tatbestand erfüllen. Es drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren.

 

Wann ist heimliches Fotografieren oder Filmen strafbar?

Der Tatbestand setzt zunächst den sog. räumlichen Schutzbereich, der auf die Wohnung und solche Räume, die in bestimmter Weise gegen Einsichtnahme geschützt sind, voraus. Erfasst sind daher auch Toiletten, Umkleidekabinen, in bestimmten Fällen Sozialräume oder Behandlungszimmer. Sogar ein Garten, der entsprechend geschützt ist, kann im Einzelfall eine solche Räumlichkeit darstellen.

Voraussetzung für den Tatbestand ist eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs. Diese liegt vor, wenn der Täter durch eine der im Tatbestand beschriebenen Begehungsweisen in die Intimsphäre eines anderen eindringt. Die Verletzung der Privatsphäre des einfachen persönlichen Lebensbereichs genügt noch nicht. Die Intimsphäre ist regelmäßig betroffen, wenn Bilder oder Videos, die Themenkreise Krankheit, Tod oder Sexualität betreffen. In der Praxis sind sexualisierte Bilder der Hauptanwendungsfall. Voraussetzung ist dabei immer, dass diese in unzulässiger Weise in die Intimsphäre des Abgebildeten eingreifen.

Als Tathandlung kommt nach § 201a Abs. 1 StGB das Herstellen oder die Übertragung solcher Bildaufnahmen in Betracht. Nach § 201a Abs. 2 StGB ist das bloße Zugänglichmachen solcher Bilder – auch wenn man diese nicht selbst aufgenommen hat – an dritte Personen strafbar. Über das Herstellen hinaus, ist das Anbieten oder Verschaffen (sich selbst oder einem Dritten gegen Entgelt) strafbar, wenn die Bildaufnahme die Nacktheit einer anderen Person unter 18 Jahren zum Gegenstand hat, § 201a Abs. 3 StGB.

Wichtig ist, dass nicht nur die Herstellung, sondern auch die bloße Weiterleitung, insbesondere über die digitale Medien, den Straftatbestand begründen kann.

 

Welche Strafe droht beim Verbreiten oder Erstellen von heimlichen Bildaufnahmen?

Der Straftatbestand § 201 a StGB sieht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren vor. Sollte die Geldstrafe über 90 Tagessätze betragen, erfolgt eine Eintragung im Führungszeugnis. Aber auch bei kleineren Geldstrafen führt dies zum Vorbestraftsein und zu einer Eintragung im Zentralregister.

Die Strafverfolgung findet nicht nur bei einem Strafantrag statt, sondern auch, wenn die Staatsanwaltschaft aufgrund eines besonderen öffentlichen Interesses, diese für zwingend hält.

 

Erstellen und Verbreiten heimlicher Bilder: Schnittstelle zwischen Sexual- und Internetstrafrecht

Der Tatbestand des § 201 a StGB hat in den letzten Jahren nicht zuletzt aufgrund seiner Einführung und dann erfolgten Verschärfung größte Relevanz entfaltet. Aufgrund der ständigen Smartphone-Verfügbarkeit kommt es häufig vor, dass sich Personen auch spontan entschließen, Videos oder Bildaufnahmen zu fertigen, ohne dass die Betroffenen eingewilligt haben. Freilich bedeutet das nicht immer, dass der Tatbestand des § 201a StGB erfüllt ist. Hier kommt es darauf an, ob eine Verletzung der Intimsphäre nachgewiesen werden kann. Nur ein Strafverteidiger, der sowohl die aktuelle Rechtsprechung als auch technischen Aspekte der Datenübertragung sowie die genaue Abgrenzung von erlaubten Bildern zu Bildern, die die Intimsphäre verletzen, kennt, kann eine optimale Verteidigungslinie entwickeln. Ziel muss es sein, eine öffentliche und unangenehme Gerichtsverhandlung abzuwenden.

 

Was soll ich tun, wenn mir die Herstellung oder Verbreitung heimlicher Bildaufnahmen vorgeworfen wird?

Wie immer im Strafrecht gilt: Schweigen ist Gold, wenn Sie eine Vorladung als Beschuldigter erhalten haben! Machen Sie auf gar keinen Fall eine Aussage bei der Polizei. Auch wenn Sie im Rahmen einer Hausdurchsuchung erstmalig von dem gegen Sie gerichteten Strafverfahren erfahren – machen Sie keine Angaben zur Sache und berufen Sie sich auf Ihr Schweigerecht!

Nach Akteneinsicht kann der Rechtsanwalt gemeinsam mit Ihnen eine Verteidigungsstrategie bei dem Vorwurf der Fertigung und Weiterleitung heimlicher Bildaufnahmen entwerfen. Vielfach können wir durch gut begründete Anträge die Staatsanwaltschaften von einer Anklageerhebung beim Vorwurf des unerlaubten Herstellens oder Verbreitens von Bildaufnahmen abbringen. Gezielte Argumentation am einzelnen Tatbestandsmerkmal oder aber auch schlicht Nachweisbarkeitsfragen können hier den entscheidenden Erfolg ausmachen. Häufig kommt es auch darauf an sehr genau zu argumentieren, dass selbst, wenn eine Herstellungs- oder Verbreitungshandlung nachgewiesen ist, dennoch keine Verletzung der Intimsphäre vorliegt.

 

Typische Fälle potenzieller Strafbarkeit Fertigung und Weiterleitung heimlicher Bildaufnahmenbei nach § 201 a StGB

Den meisten Menschen fällt es schwer, sich etwas unter „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“ vorzustellen. Wir wollen dieses bereite Deliktsfeld mit nachfolgenden Beispielen mit Leben füllen. Was fällt also typischerweise in den Anwendungsbereich von § 201 a StGB:

  • Aufnahme sog. Party-Pics (betrunkene oder nackte Personen werden auf dem Bild abgebildet). Diese Bilder werden dann häufig über Whatsapp-Chats oder aber soziale Medien, wie Facebook, Snapchat oder Instagram verbreitet. Insbesondere Nacktfotos können strafbarkeitsauslösend sein.
  • Nacktfotos oder Sexvideos mit dem Ex-Partner (sog. Revenge-Porn): Dies ist ein besonders häufiger Fall von § 201a StGB. Es sind die Fälle zu unterscheiden, bei denen der Täter das Opfer heimlich beim Sex aufnimmt und diejenigen Fälle, bei denen das Video einvernehmlich gemacht wird aber der Täter dieses Video nach Ende der Beziehung entgegen des Willens des Ex-Partners weiter verwendet und verbreitet. In beiden Fällen droht eine Strafbarkeit.
  • „Toilet-Cam“: Immer wieder kommt es vor, dass in WGs oder auch durch den Arbeitgeber heimlich Toilettenkameras aufgestellt werden, um Personen, sei es aufgrund eines Fetischs oder zur Belustigung, zu filmen. § 201a StGB liegt in diesen Fällen regelmäßig vor.
  • Posing-Bilder von Minderjährigen, die weder dem Tatbestand der Jugendpornografie noch der Kinderpornografie unterfallen.
  • Cyber-Mobbing: Hierunter fällt das Posten von schwer ehrverletzenden Bildern im Internet z. B. bei Instagram oder Facebook.
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Fertigung und Weiterleitung sexueller Bildaufnahmen