Sexualisierte Gewalt gegen Kinder ohne Körperkontakt mit dem Kind, § 176a StGB n. F.

Die Bundesregierung hat ein Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder1 beschlossen, welches zu umfassenden Änderungen im Sexualstrafrecht führt. Begrifflich neu ist nun die sexualisierte Gewalt gegen Kinder ohne Körperkontakt, welche den bisher geltenden sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB a.F.) ersetzt.

Der neue § 176a StGB lautet dann:

Sexualisierte Gewalt gegen Kinder ohne Körperkontakt mit dem Kind

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

  1. sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt,
  2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
  3. auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet, nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatz 1 Nr. 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nr. 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

Paradoxon: Sexualisierte Gewalt gegen Kinder ohne Körperkontakt

Unter „Gewalt“ versteht der Laie eine körperliche Handlung, die z.B. zu Verletzungen führt.

Auch die Rechtsprechung versteht den Begriff „Gewalt“ als körperlich wirkenden Zwang. Trotzdem wertet der Gesetzgeber künftig sexuelle Handlungen vor einem Kind als sexuelle Gewalt, selbst wenn keine Berührung, also keinerlei Körperkontakt mit dem Kind vorliegt.

Ausreichen soll nach § 176a Abs. 1 Nr. 3 StGB auch das Einwirken auf ein Kind nur durch pornographische Inhalte oder entsprechende Reden. Obwohl Täter und Opfer vielleicht nie aufeinander treffen und es zu keinem Körperkontakt kommt, soll es sich nach dem Willen des Gesetzgebers um Gewalt handeln. Dies auch vorher in § 176 Abs. 4 StGB a.F. aber auch schon strafbar. Demzufolge handelt es sich um keine Neuregelung.

Strafbare Handlungen ohne Körperkontakt

Strafbar sind sexuelle Handlungen des Kindes (unter 14 Jahren) vor einem Erwachsenen oder von Erwachsenen vor einem Kind. Wer ein Kind bei sexuellen Handlungen zusehen lässt, macht sich somit strafbar. Genauso verboten ist es, Kinder dazu zu bringen, sexuelle Handlungen an sich selbst vorzunehmen. Dies passiert z.B. regelmäßig in sexualisierten Chats mit Kindern oder der Aufforderung, derartige Fotos von sich zu übersenden.

Auch das Zusenden oder Zeigen pornografischer Inhalte, also Abbildungen (z.B. auch des Täters bei sexuellen Handlungen) über Kommunikationsmittel (Webcam, Smartphone über WhatsApp etc.) ist nach § 176a StGB n.F. strafbar. Selbst sexualisierte Reden sind hiernach strafbar, wobei diese dann schon ein pornografisches Level erreichen müssen. Dies war vorher alles auch schon in § 176 Abs. 4 StGB a.F. dergestalt geregelt.

Besonderheit in § 176a StGB n.F.: „Scheinkind“ (Abs. 3)

Eine wirkliche Neuregelung stellt Absatz 3 des § 176a StGB n.F. dar. Hierbei wird seit 2020 ein untauglicher Versuch unter Strafe gestellt, sofern der Täter lediglich glaubt, mit einem Kind zu kommunizieren. Selbst wenn das Gegenüber im Chat erwachsen ist und sich nur als Kind ausgibt, soll die Tat dennoch strafbar sein. Das gibt selbsternannten Hilfsheriffs dubioser Opferhilfevereine die Möglichkeit, als „Agent Provocateur“ tätig zu werden.

Strafe für sexualisierte Gewalt ohne Körperkontakt in § 176a StGB

Während § 176 StGB n.F. zukünftig als Verbrechen bestraft wird mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe, ist der Strafrahmen bei § 176a StGB n.F. deutlich geringer.

Der neue § 176a StGB sieht eine Strafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Diese Strafe kann grundsätzlich noch zur Bewährung ausgesetzt werden. Das kann jedoch bei wiederholten Handlungen des § 176a StGB schon anders aussehen.

Ein ggf. grenzüberschreitender Chat ohne persönlichen Kontakt bzw. jegliche Berührung bedeutet eine Strafe von mindestens sechs Monaten, selbst wenn es sich tatsächlich nur um ein „Scheinkind“ handelt, also um einen Erwachsenen. Damit steht die Strafandrohung für diesen untauglichen Versuch auf einer Stufe mit einer gefährlichen Körperverletzung in § 224 StGB. Diese geht meist mit einer realen gefährlichen körperlichen Verletzung einher.

Womit müssen Sie im Ermittlungsverfahren und bei einer Anklage rechnen?

Ihnen drohen die Durchsuchung Ihrer Privaträume und auch am Arbeitsplatz. Dort werden die Beamten nach Beweisen und Indizien für Missbrauchshandlungen oder deren Vorbereitung suchen. Sie müssen damit rechnen, dass Rechner, Smartphones, Tablets, Kameras und andere Geräte beschlagnahmt und sämtliche Daten von der Polizei ausgewertet werden, um Fotos, Chat-Protokolle und andere Spuren zu sichern. Die Ermittler werden in Ihrem Umfeld Zeugen befragen, das können auch Partner und Familienmitglieder, Nachbarn oder Kollegen sein.

Rechtsanwalt Frank Duic übernimmt Ihre Strafverteidigung gegen sämtliche Vorwürfe aus dem Sexualstrafrecht. Die Strafrechtskanzlei vertritt landesweit.

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