Jeder Zeuge hat das Recht, einen Rechtsanwalt als Zeugenbeistand hinzuzuziehen, der ihn berät und ihm während der Zeugenvernehmung vor Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht zur Seite steht.
Dass eine vorsätzliche Falschaussage vor Gericht strafbar ist (§ 154 StGB), mag sich von selbst verstehen. Strafbar sind aber auch der fahrlässige Falscheid und die fahrlässige Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung (§ 163 StGB).
Wer etwas weiß, steht dem Gegenstand der Vernehmung nahe, oft zu nahe. Die Strafprozessordnung gewährt dem Zeugen bei Gefahr der Selbstbelastung kein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht, sondern in § 55 StPO nur das Recht, die Antwort auf solche Fragen zu verweigern, deren Beantwortung ihn (oder einen Angehörigen) der Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit aussetzen könnte. Welche Fragen das sind und ob das Auskunftsverweigerungsrecht die gesamte denkbare Befragung zu einem Lebenssachverhalt erfasst, kann ein juristischer Laie, noch dazu in der Stresssituation des Zeugenstandes, nicht sicher beurteilen.
Das Recht aus § 68 b Abs. 1 StPO, einen Zeugenbeistand hinzuzuziehen, der ihn berät und bei der Vernehmung begleitet, hat jeder Zeuge in jedem Stadium eines Strafverfahrens. Es gilt für gerichtliche, staatsanwaltschaftliche wie auch für polizeiliche Vernehmungen. Gerade im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts sind häufig sehr komplexe Sachverhalte zu erfassen und rechtlich zu beurteilen. Außerhalb des Strafverfahrens besteht das Recht auf einen Zeugenbeistand gleichfalls.
Der Zeugenbeistand hat das Recht auf Anwesenheit während der Vernehmung des Zeugen (§ 68 b Abs. 1 StPO). Erfahrungsgemäß führt schon die bloße Anwesenheit eines Rechtsanwalts als Zeugenbeistand dazu, dass die Vernehmungspersonen die Rechte des Zeugen achten und sich grober Unfairness enthalten.
Der anwaltliche Zeugenbeistand darf – wie der Zeuge selbst – unzulässige Fragen beanstanden, etwa Fragen, die den Zeugen in unnötiger Weise bloßstellen (§ 68 a StPO). Er darf Suggestivfragen beanstanden und auf eine klare und für den Zeugen verständliche Befragung dringen. Er darf in geeigneten Fällen verlangen, dass dem Zeugen vor einer Detailbefragung Gelegenheit gegeben wird, einen zusammenhängenden Zeugenbericht vorzutragen. Er darf beantragen, die Öffentlichkeit auszuschließen, wenn Tatsachen aus dem höchstpersönlichen Bereich des Zeugen (§ 171 b GVG) oder Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse des Zeugen (§ 172 GVG) erörtert werden.
Ob der Rechtsanwalt als Zeugenbeistand ein Recht auf Akteneinsicht hat, ist umstritten. Richtigerweise muss das Recht auf Akteneinsicht bestehen, soweit der Rechtsanwalt Kenntnis der Akten benötigt, um seine Pflicht zur Beratung des Zeugen erfüllen zu können, insbesondere zur Beratung des Zeugen über das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 SPO.
*** Rubrik: Zeugenbeistandschaft ***